Pressemeldung vom 01.09.2023
Gewerbegebiet Mittelhahntal klimaschädlich und wirtschaftspolitisch fragwürdig
Immer wieder ist zu hören, dass ohne das geplante Gewerbegebiet Mittelhahntal eine Entwicklung der Stadt nicht möglich sei. Dem widerspricht die Initiative Klimaschutz Mittelhahntal: „Laut aktuellem Flächennutzungsplan verfügt die Stadt über 86 ha freie Flächen. Nur ein kleiner Teil davon wurden bislang vergeben“, erläutert Marco Lenck, Sprecher der Bürgerinitiative. „Wir sind nicht gegen die Erweiterung Wormser Unternehmen oder gegen die Ansiedlung von Startups – im Gegenteil. Aber diese brauchen keine riesigen Flächen, sondern kleine bis mittelgroße Flächen und eine gute Internetanbindung. Der Flächenzuschnitt und die gute Verkehrsanbindung des Mittelhahntals ist hingegen wie gemacht für Logistikunternehmen“, ist sich Marco Lenck sicher.
„In den letzten 20 Jahren wurden in Worms etwa 140 ha Land versiegelt – auf einem Großteil der Fläche wurden Logistikhallen gebaut. Zuletzt wurde im Norden ein Gefahrstofflager mit 30.000 qm Fläche mitten im Hochwassergebiet errichtet“, sagt Michael Leukam, ebenfalls Sprecher der Initiative. Die bisherige Ansiedlungspolitik sieht Leukam als gescheitert. „Trotz eines immensen Flächenverbrauchs ist Worms in einer finanziell schwierigen Lage. Logistikunternehmen brauchen sehr viel Fläche, bieten nur wenige, vor allem schlecht bezahlte Arbeitsplätze und sind darüber hinaus sehr konjunkturanfällig.“ Der derzeitige Einbruch in den Gewerbesteuereinnahmen ist konjunkturell bedingt, die Gewerbesteuern werden nach Ansicht von Leukam auch wieder steigen, wenn die Konjunktur anzieht. Deutlich weniger konjunkturabhängig ist hingegen die zweitgrößten Steuereinnahmequelle, die Einkommenssteuer. Diese betrug 2022 immerhin 38,25 Mio. Euro. „Aus unserer Sicht wäre es sinnvoller, die Attraktivität von Worms als Wohnstadt zu fördern und damit die Einnahmen aus der Einkommenssteuer zu erhöhen. In einer Stadt, die aber ständig heißer wird, siedeln sich niemand an“, erläutert Leukam. „Auch Worms als Einkaufsstadt wird leiden, wenn die Innenstadt bei extremer Hitze unbewohnbar wird. Wir brauchen mehr Aufenthaltsqualität, mehr Bäume und mehr frische Luft, statt noch mehr Beton, Abgase und schlecht bezahlte Arbeitsplätze. Das würde auch den Wohlstand der Stadt fördern“, ist sich Leukam sicher. Neben der wirtschaftlichen Dimension haben die Umweltschützer vor allem das Wohl und die Gesundheit der Menschen im Blick. „Hitze macht krank, Hitze tötet und jeder, der die Hitzebelastung in Worms erhöht, macht sich mitschuldig. Deshalb dürfen wir die Klimaanlage von Worms nicht zerstören“, mahnt Michael Leukam. In Deutschland sind im letzten Jahr nach einer aktuellen Studie über 8.000 Menschen an Hitze gestorben. Die Stadt Worms hat im Mai 2022 die Studie „Hitzevulnerable Stadtgebiete in Worms“ herausgegeben. Auch dort werden die Folgen der zunehmenden Überhitzung des Stadtgebietes untersucht. Besonders alte Menschen, Kranke, Kleinkinder und sozial Schwache sind betroffen.
Laut einem Beschluss des Stadtrates soll in einem Gebiet zwischen Kolpingstraße, Kirschgartenweg, B47 und Renolit ein neues Gewerbegebiet entstehen. Das Plangebiet umfasst laut Stadtratsbeschluss 43 ha. In der Beschlussvorlage des Stadtratsbeschlusses werden von der Stadtverwaltung selbst die Folgen für den Klimaschutz, die Anpassung an den Klimawandel und die Luftqualität bzw. das Stadtklima dreimal negativ bewertet. Im Klimakonzept Innenentwicklung wird die Fläche als wichtige Luftleitbahn und Frischluftentstehungsfläche ausgewiesen – eine Bebauung wird dort als sehr ungünstig klassifiziert. Ebenfalls im Klimakonzept Innentwicklung ist nachzulesen, dass Worms zu den wärmsten und trockensten Städten Deutschlands zählt. Weiter heißt es dort, dass mit einer Verdoppelung bis Vervierfachung der Hitzewetterlagen in Worms zu rechnen sein. „Wenn man Klima-, Umwelt- und Gesundheitsschutz ernst nimmt, darf man das Mittelhahntal nicht bebauen. So einfach ist das“, sagt Kerstin Janneck, dritte Sprecherin der Initiative.
Die Initiative Klimaschutz Mittelhahntal kämpft gegen das geplante Gewerbegebiet – unter anderem mit einem Einwohnerantrag. Stand 31.8.2023 hat die Initiative 3.160 Unterschriften gesammelt und stetig werden es mehr. Die Unterschriftenaktion soll noch bis Ende des Jahres weitergeführt werden. Die Initiative wird bislang von 28 Wormser Organisationen unterstützt.